Von Matthias Kalweit
Wandelt man am nordöstlichsten Rand von Lichtenberg auf der Ahrensfelder Chaussee stadteinwärts, räkelt sich rechter Hand aus grünem, kniehohem Gras ein moderner Backsteinbau aus dem Boden hervor. Er ist von Bäumen eingerahmt. Seine Mauern sind romantisch mit Efeu überwachsen. Folgt man der kreisrunden Gebäudeform, leitet einen der Torweg Richtung Eingang. Nach dem Überqueren einer kleinen Brücke wird der Besucher eingelassen.
Man findet sich in einem Wald von Säulen wieder. Warme Sonnenstrahlen von der Decke führen den Blick an Steinwänden entlang zu Gemälden und Grafiken. Im Rücken erheben sich glattpolierte Betonflächen, einer modernen Kathedrale gleich, bis zur Decke. Das Auge bleibt immer wieder an Skulpturen von Mutsuo Hirano hängen. Ihnen gegenüber erstrecken sich wandüberspannende Fresken mit Bildmotiven von Thomas Lange. Wer weitersucht, stößt auf eine Lichtinstallation von Lynn Weyrich. Aus der Ferne dringen imposante Orchesterklänge an das Ohr.
Hat man dem Schild über dem Portal keine Beachtung geschenkt, wähnt man sich schnell in einer hippen Galerie der Berliner Innenstadt oder in einem Museum für moderne Kunst. Plötzlich ist Ruhe. Eine Gruppe von 50 Musikerinnen und Musikern in ihrer eleganten Konzertkleidung huschen mit glänzenden Instrumenten unterm Arm vorbei. Wie auf ein geheimes Zeichen füllen sich die Flure mit Heerscharen von Jugendlichen. Mittagspause.
Herzlich Willkommen im Barnim-Gymnasium! Es gehört mit seinen knapp 1150 Schülerinnen und Schülern zu den größten grundständigen Gymnasien Berlins. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler werden bereits ab Klasse Fünf unterrichtet. Entgegen dem ersten Eindruck befinden wir uns nicht in einer kunst- oder musikbetonten Schule. Als zertifizierte MINT-Excellence Schule liegt der Schwerpunkt auf den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Darüber hinaus steht die Musik mit einer der wenigen Bläserklassen im Osten Berlins im Mittelpunkt. Es kann zwischen Latein, Englisch, Französisch und Spanisch als Fremdsprache gewählt werden.
Neben dem Unterricht legt Herr Sebastian Koven – seit 2017 neuer Rektor des Barnim Gymnasiums – besonderes Augenmerk auf die Freizeitgestaltung seiner Schülerinnen und Schüler. Das Motto heißt: offener Ganztag – alles kann, aber nichts muss. Für Bewegung sorgen unter anderem die erfolgreichen Basketballteams. Sie haben die Möglichkeit sowohl vor als auch nach dem Unterricht in den Sporthallen zu trainieren. Das Blasorchester “Airplay”, als Fortführung der Bläserklasse, und der Mädchenchor “Hortus Musicarum” haben eine große Anziehungskraft. Beide Ensembles treten mehrmals im Jahr innerhalb und außerhalb der Schule bei Konzerten und Wettbewerben auf.
Großen Raum nimmt das Darstellende Spiel ein. Durchschnittlich zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs besuchen die Kurse. Regelmäßig finden Aufführungen für Eltern und Gäste statt. Besonders inspirierend wird es immer dann, wenn mehrere Fachbereiche ein Projekt wie das jährliche Kunstfest zusammen gestalten. Dies fördert insbesondere den kulturellen Austausch. Rund 35 % der Lernenden am Gymnasium sind nicht deutscher Herkunft. Die vietnamesische und russische Community vereinen den mit Abstand größten Anteil auf sich. Mit Barnim International wird diese Vielfalt auch in die Welt hinaus getragen. Das Barnim unterhält einen jährlichen Schüleraustausch mit Partnerschulen in Dänemark und Vietnam.
Natürlich wäre es ein Frevel, wenn das Gebäude und die Turnhallen in den Ferien leer stehen würden. In dieser Zeit werden Schülercamps mit verschiedenen Schwerpunkten angeboten; im Rahmen des Schulverbundes Ost zur Begabtenförderung zum Beispiel das Sommercamp. Die Leitung und Organisation übernehmen hauptsächlich ehemalige Absolventen des Gymnasiums. Ein ähnliches Konzept verfolgen die nachmittäglichen Hausaufgabenstunden von Schlaufuchs.
So umfangreich das Angebot und so beeindruckend das Schulgebäude ist, auch am Barnim kämpft man mit den täglichen “Problemchen”. Eine Mensa sucht man zum Beispiel vergebens.
Sie wurde beim Bau schlicht vergessen. Seit Beginn muss die Aula, welche als Theater- und Musiksaal für lediglich 200 Schüler geplant wurde, als Speiseraum herhalten. Die Essensausgabe ist ein ehemaliger Abstellraum. Wie Herr Koven berichtet, ist das eine seiner größten Herausforderungen. Erst recht, seitdem der Senat das kostenlose Essen für alle Grundschüler beschlossen hat.
Genug Platz für eine Mensa wäre vorhanden. Die zuständige Senatsverwaltung bzw. das Bezirksamt wiegelten jedoch ab: für einen Neubau gibt es zu wenig Esser. Mehr Schülerinnen und Schüler können aber unter den gegebenen Umständen nicht versorgt werden. Auch das von den Eltern initiierte Barnimcafé mit seinem ergänzenden Essens- und Getränkeangebot kann die Lage nicht entschärfen.
Die zweite große Baustelle zeigte sich dieses Jahr wieder besonders eindrucksvoll. Durch die großen Fensterflächen, Glassteinwände und Tageslichtspots gelangt viel natürliches Licht in die Räume. Leider fehlt eine wirkungsvolle Beschattungs- und Kühlmöglichkeit. Die Sonne brennt im Sommer den ganzen Tag und das Gebäude heizt sich unnachgiebig auf. Im letzten Schuljahr konnte oft nur verkürzt unterrichtet werden.
Alles in allem ist das Barnim-Gymnasium eine Schule, auf die ich seinerzeit gerne gegangen wäre. Mein Sohn darf dies heute genießen. Er hat sich das Gymnasium während der Teilnahme am Sommercamp selbst ausgesucht und spielt mit Begeisterung eine Posaune im Orchester.
Barnim-Gymnasium Berlin
Ahrensfelder Chaussee 41
13057 Berlin
Telefon: 030 – 93 66 69-0
Tag der offenen Tür
14.01.2020 17.00 – 20.00 Uhr
Konzerttermine und Tickets
www.barnim-music.de