Ein Besuch im Stasi-Unterlagen-Archiv

Von Tobias Karow

Auf dem einst vom Ministerium für Staatssicherheit genutzten Areal, was aus 29 Häusern und 11 Hinterhöfen besteht, haben sich mittlerweile verschiedene Unternehmen niedergelassen, doch einige der damals genutzten Häuser stehen immer noch leer.

Aus der ehemaligen Hauptzentrale, also dem „Haus 1“, wurde ein Museum, das durch den Verein Antistalinistische Aktion Berlin- Normannenstrasse e.V. privat betrieben wird. Es befindet sich auf dem Gelände, das einst das Hauptquartier des Ministeriums für Staatssicherheit darstellte und nun als Stasi-Unterlagen-Archiv dient, in der Ruschestraße 103. Hausherr ist der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen.

Unter der Überschrift „Einblick ins Geheime“ ist seit dem 16. Juni eine neue Dauerausstellung im Haus 7 zu sehen. Sie zeigt, wie die Stasi zwischen 1950 bis 1989 Informationen gesammelt, verarbeitet und verwendet hat. Der Besucher bekommt einen Einblick in die Arbeit des Stasi-Unterlagen-Archivs von der Sicherstellung bis zur Rekonstruktion der gesammelten und zerrissenen Akten der ehemaligen Staatssicherheit.

Der Besucher bekommt ein bedrückendes Gefühl, auf den Hinterhof der Ruschestraße zu gehen, umgeben von den alten Gebäuden der Staatssicherheit. In der Open-Air-Ausstellung klingt per Knopfdruck die Rede Erich Honeckers, des ehemaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR oder von Günther Schabowski, zu DDR-Zeiten erster Sekretär der Bezirksleitung von Ost Berlin jenem Politiker, dem wir die Mauereröffnung verdanken. Die Besucher spazieren zwischen den Informationswänden in Richtung Stasimuseum, um sich die ganzjährlich offene Ausstellung anzusehen. Rechts vorbei an der Open-Air-Ausstellung gelangt man zur neuen Dauerausstellung des Stasi-Unterlagen-Archivs.

Gleich zu Beginn der Ausstellung wird die historische Arbeit des Stasi-Unterlagen-Archivs beschrieben, das 1990 aus den Akten des MfS entstand. Man wollte verhindern, dass die öffentlichen Ämter von ehemaligen Stasiangehörigen besetzt werden. Außerdem dient es zur Strafverfolgung oder zu Rehabilitationszwecken unschuldig verurteilter DDR-Bürger.

Die Ausstellung unter dem Motto „Geöffnete Akte“ ist ein Symbol für die friedliche Revolution, sie dient der persönlichen, juristischen und historischen Aufarbeitung der SED Diktatur. Man wird über das ehemals geheime Herrschaftswissen, die Methoden und das Wirken der Staatssicherheit aufgeklärt. Darüber hinaus werden auch einzigartige Einblicke in die gesellschaftliche Entwicklung und den Alltag in der DDR aus Sicht der Stasi gewährt.

In der zweiten Etage wird das Ausmaß der Bespitzelung und Informationsgewinnung klar, wenn man hier liest, dass in der gesamten Zeit des Bestehens der Stasi bis zu 5,7 Millionen Karteien angelegt wurden. Mit vielen interaktiven Videos wird ein Einblick in die Arbeit der Staatssicherheit gegeben. Besucher erfahren unter anderem, wer auf welche Weise als inoffizieller Mitarbeiter, auch kurz IM genannt, angeworben wurde.

Auf der dritten Etage wird uns beispielhaft das Schicksal des DDR-Bürgers Gilbert Radulovic in einer kleinen Autobiographie erzählt: 1945 in Görlitz geboren, verhaftet von der Stasi wegen „kritischer Äußerung zur DDR“, da er in der damaligen DDR Angehörige der Punkszene interviewte und Broschüren erstellte, um sie durch seine Oma in den Westen zu schmuggeln. Er wurde psychisch gefoltert, um ein Geständnis zu erzwingen sowie die Beteiligten zu verraten.

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Dieser Artikel entstand im Rahmen des Workshops für journalistisches Schreiben mit Marcel Gäding. Organisiert wurde der Workshop in der Zusammenarbeit des Stadtteilzentrums Lichtenberg Nord und der Margarete-Steffin-Volkshochschule.

Alle Artikel gibt es in der aktuellen Ausgabe von KiezBlick, erhältlich in Ihrem Stadtteilzentrum Lichtenberg-Nord.