Von Marcel Gäding
Berlin wächst, und das ist auch in Lichtenberg zu spüren. Jedes Jahr ziehen schätzungsweise an die 3.000 Menschen in den Bezirk. Wenn es so weiter geht, beträgt die Zahl der Lichtenberger*innen in wenigen Jahren mehr als 300.000. An allen Ecken und Enden wird gebaut. Viele Brachflächen sind inzwischen verschwunden.
Doch die Freude über diese Entwicklung wird getrübt durch die Herausforderungen, vor denen sowohl die Bezirksverwaltung als auch die Bewohner*innen stehen. Während die Kommunalpolitik kaum hinterherkommt, Schulen und Kitas zu planen, wächst in den Wohngebieten die Sorge, dass die lieb gewonnene Lebensqualität leidet. Gleich an mehreren Stellen im Bezirk müssen grüne Innenhöfe neuen Wohnhäusern weichen. Wo sich viele Jahre auf ungenutzten Grundstücken die Stadtnatur ihren Weg bahnte, drehen sich mittlerweile die Baukräne. Ein großer Schatten legt sich über sonnige Ecken – und das ist wegen der anhaltenden Bauaktivität in Lichtenberg durchaus wörtlich zu nehmen.
Angesichts des Wachstums liegen Licht und Schatten in Lichtenberg nah beieinander. Diese Erfahrung haben auch unsere Kiezreporter*innen gemacht, die den zweiten vom Stadtteilzentrum Lichtenberg Nord und der Volkshochschule Lichtenberg organisierten Workshop besuchten. Themen, über die es sich zu berichten lohnt, waren schnell gefunden. Es ist kein Zufall, dass sie sich alle mehr oder weniger mit Aspekten beschäftigen, wie sich unser Bezirk entwickelt. Die mit der Gründung der Bauhaus-Bewegung vor 100 Jahren gestellte Frage „Wie wollen wir leben?“ ist heute aktueller denn je.
In der vor Ihnen liegenden zweiten Ausgabe vom „KiezBlick“ finden Sie die Ergebnisse der zweitägigen Schreibwerkstatt. Die Autor*innen trafen auf Menschen am Rande unserer Gesellschaft, sie lernten Künstler*innen kennen, die in Lichtenberg noch Luft und Raum zum Arbeiten haben, oder hinterfragten, was es mit den Mini-Häusern auf dem Parkplatz eines großen Einrichtungshauses auf sich hat. Sie erkundigten sich nach den Gründen, warum für eine neue Grüngestaltung eines Stadtplatzes zunächst alte Bäume weichen müssen und an welchen Orten im Bezirk Innenhöfe für den Bau neuer Wohnhäuser „geopfert“ werden.
Das Ergebnis ist eine kritische, nachdenkliche Auseinandersetzung mit den Folgen der wachsenden Stadt. Ich bin mir sicher, dass die Beiträge dazu anregen, die Diskussion über die Entwicklung unseres Bezirks, aber auch über die Lebensqualität für seine Bewohner*innen, zu bereichern.
Inzwischen hat sich im Stadtteilzentrum Lichtenberg Nord eine kleine Gruppe von Kiezreporter*innen gebildet, die nicht nur in Nummer 2 des gedruckten KiezBlick berichtet, sondern auch im Internet Beiträge veröffentlicht. Sie sind herzlich eingeladen, sich der Redaktion anzuschließen. In der Regel finden an jedem dritten Donnerstag Treffen statt, in denen neuen Themen besprochen werden. Bitte wenden Sie sich gerne an das Team des Stadtteilzentrums.
Viel Spaß beim Lesen und Nachdenken wünscht Ihnen Marcel Gäding, Herausgeber der Monatszeitung „Bezirks-Journal“ und Dozent des VHS-Workshops „Kiezreporter*innen“.
Foto: Burkhard P. – Rathausstraße 11-12