TEXT UND FOTO VON ALEXANDER LIERS

Kennen Sie das „Gemeindezentrum am Fennpfuhl“ in der Paul-Junius-Str. 75? Es ist ein Ort der Gemeinschaft, des Zuhörens, des Beistandes, der Beratung, des Willkommenseins für alle!

Mein Gesprächspartner Hanfried Zimmermann (69) war hier von 1975 bis 1991 Jugenddiakon der Gemeinde, bevor er Stadtjugendpfarrer für Berlin wurde und später Leitungsverantwortung in der Diakonie übernahm. Er wuchs in einem Brandenburger Pfarrhaus auf. Frühzeitig wurde er in gemeindliche Aufgaben einbezogen und engagierte sich später ehrenamtlich in der evangelischen Jugend. Nach einer Kochlehre entschied er sich für ein theologisch-pädagogisches Studium. Von ihm erfahre ich wichtige Details zum Gemeindezentrum und den Aktivitäten der Gemeinde am Fennpfuhl.

1972 war, wie bekannt, der Baustart für das Wohngebiet Fennpfuhl, die erste zusammenhängende Plattenbau-Großwohnsiedlung. Bald nachdem die ersten Bewohnerinnen und Bewohner in ihren neuen Wohnungen eingezogen waren, begannen 1974 Mitarbeitende der zuständigen Kirchengemeinde sie zu besuchen. Dabei ging es ihnen nicht um „Werbung“ für die Kirche, sondern man wollte herausfinden, welche Wünsche und Erwartungen es mit Blick auf die Arbeit einer Kirchengemeinde in diesem neuen Stadtviertel gab. „Eine interessante Erfahrung“, sagt Hanfried Zimmermann heute. Selten wurde einem die Tür vor der Nase zugeschlagen, im Gegenteil, man kam schnell ins Gespräch, erfuhr von den Sorgen und Nöten, aber auch Freuden der Mitmenschen! Ja, und mit denen, die darüber hinaus Interesse an der Arbeit der Kirchengemeinde hatten, wurde gemeinsam überlegt, wie hier Neues entstehen und wachsen kann.

1976 wurde ganz offiziell die neue „Kirchgemeinde am Fennpfuhl“ gegründet. Hanfried Zimmermann und seine Frau Angelika gehörten zu den ersten Mitarbeiter*innen. Die Besuche in den Häusern gingen intensiv weiter, und daneben entwickelte sich eine rege Gemeindearbeit. Da viele Familien mit Kindern ins Fennpfuhlgebiet zogen, entstanden bald die ersten Angebote für sie. Für Kindernachmittage und Familiengottesdienste wurden zunächst die Kirche auf dem ehemaligen Dorfanger an der heutigen Möllendorffstraße und die Baracke auf dem gegenüberliegenden Pfarrgrundstück genutzt. Angebote an Wochenenden und Ferienfahrten mit Kindern standen bald auf dem Programm. Erwachsene trafen sich in kleinen Gruppen zum Gespräch über „Gott und die Welt“ abwechselnd in Wohnungen. Einige von diesen Hauskreisen existieren noch heute. Das Einüben neuer Gottesdienstformen und das Schaffen neuer Veranstaltungen und Begegnungsmöglichkeiten war aber immer auch „Learning by Doing“, sagt Zimmermann heute. Eine spannende Zeit, in der natürlich auch immer wieder zwischen unterschiedlichen Wünschen und Interessen vermittelt werden musste.

1978 wurde ein Sonderbauprogramm zur Schaffung von Kirchenbauten zwischen der DDR-Regierung und dem Bund der evangelischen Kirchen vereinbart. Finanzgeber war die Evangelische Kirche der Bundesrepublik. Ein erster Nutznießer sollte die Gemeinde am Fennpfuhl werden.

Am 8. September 1984 konnte so das neue Gemeindezentrum eingeweiht werden. Es ist mehr als eine Kirche, verfügt über Funktionsräume sowie zwei Wohnungen für Mitarbeitende und passt sich architektonisch dem Park an. Das neue Gemeindezentrum wird ein sichtbares Zeichen christlichen Lebens im Wohngebiet. Die schon bestehende alters- sowie generationsübergreifende Gemeindearbeit konnte nun ausgebaut werden, natürlich immer auch gut beobachtet von den „staatlichen Organen“, wie es damals hieß.

„Miteinander auf der Suche nach einer Welt mit menschlichem Gesicht – vielleicht könnte das über allen Aktivitäten der Gemeinde stehen“, sagt Zimmermann. Fragen unserer Mitverantwortung für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung standen oft auf der Tagesordnung. Umwelt- und Friedensgruppen konnten hier tagen, systemkritische Künstler im Gemeindezentrum auftreten, Hilfsaktionen wurden von hier koordiniert. Nach den Polizeiausschreitungen am 7. und 8. Oktober 1989 fand im Gemeindezentrum eine viel beachtete Pressekonferenz oppositioneller Gruppen statt.

Gemeinsam mit anderen war Hanfried Zimmermann dabei oft Initiator, Mitmacher, Gastgeber, Seelsorger, Pfarrer und vieles mehr. Er mag es jedoch nicht, hervorgehoben zu werden. „Wo Gott dich hingestellt hat, sind deine Aufgaben“, so lautet seine Maxime. Bei einer Sache gerät er aber heute noch ins Schwärmen. Wie gut der Neubau geworden ist. Nicht nur, dass das Bauwerk funktional gelungen ist, es hat auch eine warme einladende Gestaltung und ist zudem barrierefrei. Kommt man ins Foyer, sieht man zuerst einen Holzfries von Menschen, die einander begegnen. Geht dann der Blick weiter, entdeckt man an der Stirnseite des Raums ein Jesusbild der besonderen Art. Den Kirchsaal prägt ein überdimensionales Kreuz; von der Gestaltung her wirkt es einladend, umfangend, Wärme und Liebe ausstrahlend. Ein gutes Sinnbild für eine christliche Gemeinde, meint mein Gesprächspartner. Dem Dresdener Bildhauer Friedrich Press verdankt die Gemeinde diese Kunstgestaltung.

Lassen Sie sich einladen und schauen Sie selbst einmal herein! Gemeinschaft ist wichtig, Glaube, Liebe und Hoffnung – und sich einzumischen, sagt Zimmermann mir noch beim Abschied.

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