Von Simone Richter
Eines Tages komme ich abends von der Arbeit, suche verzweifelt am Roedeliusplatz nach einem Parkplatz und wundere mich darüber, dass der Platz irgendwie anders aussieht. Beim genaueren Hinsehen fallen meine Blicke auf eine Menge gefällter Bäume, Berge von Ästen und Zweigen.
Was ist passiert? Ich hatte schon in den letzten Monaten von der geplanten Umgestaltung gehört. Der Platz soll schöner werden. Weniger Straßenfläche. Aber warum mussten die Bäume für eine neu gestaltete Grünfläche rund um die Kirche weichen? Ich habe mich immer über die blühenden Magnolien im Frühling gefreut. Doch der Platz lädt Passant*innen wirklich nicht zum Verweilen ein. Es gibt viel Raum für Autos. In der Verlängerung der Normannenstraße gleicht die Dimension der Straße fast einem Appellplatz und das Straßenpflaster hat seine besten Jahre auch hinter sich. Mit dem Fahrrad versuche ich den Platz immer zu meiden. Das Grün um die Kirche herum ist ungepflegt und die Bauarbeiten an der Kirche in den letzten Jahren haben diese Situation noch verschärft. Niemand fühlt sich hier eingeladen, eine Pause einzulegen.
Also habe ich mich mal an die Recherche gemacht. Das Bezirksamt will den Roedeliusplatz als zentralen Ort im Kiez entwickeln. Es wird Raum für alle geben. Der Platz mit seiner wechselhaften Geschichte soll ein Ort zum Wohlfühlen werden. Kinder können hier spielen, die Mitglieder der koptischen Gemeinde werden hier einen Platz finden und Passant*innen sollen nicht mehr nur vorbei eilen. Es werden viele Bänke aufgestellt. Menschen können sich im Schatten der Bäume ausruhen und Nachbar*innen ins Gespräch kommen. Ein Ort der Begegnung und des Austauschs wird entstehen – generationenübergreifend. Gedenkstelen werden an die Geschichte erinnern. Nur für Autos wird am Ende weniger Raum sein.
Mehrere Planungsbüros hatten ihre Entwürfe eingereicht. Eine Jury wählte einen Gewinner aus. Den Zuschlag erhielt die Gruppe Planwerk. Damit war der Startschuss gefallen. Der Roedeliusplatz bekam zumindest auf dem Papier schon ein neues Gesicht.
Im zweiten Halbjahr 2018 hat „Stadt.Menschen.Berlin“ im Auftrag des Bezirksamtes Lichtenberg dann einen Beteiligungsprozess durchgeführt und mit mehr als zehn Kindern zwischen zwei und fünf Jahren Ideen für den Spielplatz entwickelt. Die Kinder träumten von Schaukeln, Rutschen mit und ohne Wasser, Klettertürmen, Fußballplatz, Trampolin, Sandkasten und vielem mehr.
Nicht alle Ideen konnten auf dem kleinen Areal des zukünftigen Spielplatzes verwirklicht werden. Aber am Ende fanden sich die Ideen der Kleinsten wieder, in der Kleinkinderecke mit den Kuchenbacksteinen, dem Spielhaus „Sonne“, der Kletterstrecke „Sonne, Mond und Sterne“ und der Nestschaukel „Mondgesicht“. Ich bin mir sicher, dass die Kids es kaum abwarten können, ihren Spielplatz in Besitz zu nehmen.
Diese Ergebnisse flossen in die Entwürfe der Gruppe Planwerk ein. Vor der Kirche, entlang der Normannenstraße entsteht eine Promenade mit Bäumen, Bänken, Fahrradständern und einer Allee zum Flanieren. Der Spielplatz wird im Bereich zwischen Kirche und Magdalenenstraße entstehen. Vor dem Spielplatz sollen viele Sitzgelegenheiten und Tische aufgestellt werden. Hier wird sich die koptische Gemeinde zum Agapemahl – dem Teilen von Essen und Getränken nach dem Gottesdienst – treffen. Anwohner*innen können ins Gespräch kommen, sich zum Picknick verabreden oder einfach die Blicke schweifen lassen. Entlang der Alfredstraße wird eine Rasenfläche mit Bäumen angelegt. Die Rückseite der Kirche wird auch wieder gepflegter aussehen. Die halbrunde gepflasterte Auffahrt bleibt erhalten und begrenzt Rasenflächen und ein buntes Blumenbeet. Der gesamte Platz ist von Bäumen gesäumt.
In diesem Jahr werden die Arbeiten auf dem Platz rund um die Kirche beginnen. Die Straßenarbeiten starten danach. Deshalb mussten vor dem 1. März – dem Beginn der Brutsaison – die Bäume weichen. Einige sollen krank gewesen sein. Andere wiederum das Fundament der Kirche gefährdet haben. Und wieder andere standen wohl einfach den Planungen im Wege. Auf dem neuen Roedeliusplatz wird es aber mehr Bäume geben als vorher und es soll eine Mischung aus vielen unterschiedlichen Bäumen sein – blühende Bäume und solche mit buntem Laub im Herbst.
Schade, dass es die alten Bäume nicht in die neuen Planungen geschafft haben. Einige hatten schon viele Jahre auf dem Buckel. Aber die Vorfreude auf den neuen und schöneren Roedeliusplatz versöhnt mich auch ein wenig.