TEXT UND FOTO VON CHRISTIANE FRUTH
Wir sitzen in einem kleinen schmalen Raum. Die Sonne strahlt durch das hohe Fenster. So, als wollte sie uns einladen, doch lieber um den Fennpfuhl zu laufen.
Tina Messerschmidt erzählt mir, dass sie ursprünglich einen ganz anderen Lebensweg für sich geplant hatte. Sie kommt gebürtig aus Sachsen-Anhalt, in der Nähe von Magdeburg, wo sie 1985 geboren wurde und bis zum Abitur zur Schule ging. Ihr ursprüngliches Anliegen bei der Wahl eines Studienplatzen war, etwas zu studieren, das den Menschen ganzheitlich betrachtet. Deshalb entschied sie sich für ein Studium auf dem sozialen Gebiet. Am Ende fiel die Wahl auf das Studium der „Rehabilitationspädagogik für Menschen mit Beeinträchtigungen“. In Halle belegte sie zunächst für ein Jahr diesen Magister-Studiengang. Anschließend ging sie nach Dortmund, um auch dort zu studieren und ihren Bachelor abzuschließen.
Nach dem Studium begann sie im Rehabilitationszentrum Berlin Ost und dort ist sie noch heute. Nach ihrem Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit, später auch mit besonderem Augenmerk auf Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen und ihrer Arbeit im betreuten Einzelwohnen behinderter Menschen bewarb sie sich 2018 auf eine Ausschreibung für die Stadtteilkoordinatorin.
Ihre neue Tätigkeit umfasst nun andere Bereiche. Sie ist in dieser Funktion eine Vermittlerin zwischen der bezirklichpolitischen Ebene und den Anwohner*innen. Ein Job, welcher der Frau sichtlich Spaß macht: „Ich bin ein aufgeschlossener und flexibler junger Mensch, der gut organisieren kann und gern mit anderen Menschen kommuniziert. Allerdings mir war anfangs nicht bewusst, was auf mich zukommt.“ Denn die Aufgaben von Tina Messerschmidt als Stadtteilkoordinatorin im Fennpfuhl sind weit gefächert. „Dazu gehört unter anderem auf Fragen und Anregungen der Anwohner*innen einzugehen. Anfragen der Bürger*innen werden von mir zum Beispiel an das Grünflächenamt oder Bildungs- und Kulturamt zur Klärung weitergegeben. Ich schaue dann, was ich selbst klären kann“, sagt sie. Außerdem vernetzt sie Bürger*innen untereinander und macht ausfindig, wo sie konkrete Hilfe organisieren kann.
Netzwerken ist einer der Schwerpunkte von Tina Messerschmidt; also Akteur*innen zusammenbringen. So koordiniert sie Veranstaltungen wie beispielsweise das traditionsreiche Fennpfuhlfest oder begleitet die Bürgerjury mit 16 Ehrenamtlichen sowie den Bürgerhaushalt. „Auch organisiere ich den nachbarschaftlichen Flohmarkt am Storkower Bogen, den es vor mir noch nicht gegeben hat.“
Gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Ksenia Porechina rief sie 2018 die Kiezreporter*innen ins Leben. Hier kooperiert sie mit der Volkshochschule und hat einen engen Kontakt zu Marcel Gäding, Herausgeber der lokalen Monatszeitung „Bezirks-Journal“ und Kursleiter eines eigens ins Leben gerufenen VHS-Kurses. Die Idee ist ihr gekommen, weil sie zwischenzeitlich viele Anwohner*innen kennen gelernt hatte, die gern schrieben, aber auf professioneller Ebene nicht eingebunden waren. Deshalb stellte sie sich die Frage, ob diese Menschen nicht über den Kiez und darüber hinaus schreiben und das für andere Kiezbewohner*innen sichtbar machen sollten.
Wenn es ihre Zeit mal erlaubt, dann tankt sie im Fennpfuhl am liebsten an den Seeterrassen auf oder schaltet kurz im grünen Fennpfuhlpark ab. Denn die Arbeitstage sind mitunter sehr stressig. Welche Ausdauer, Geduld, Zielstrebigkeit und Organisationstalent Tina Messerschmidt hat, erklärt sie an einem konkreten Beispiel – dem Aufstellen eines öffentlichen Bücherschrankes. „Wo steht öffentlicher Grund und Boden dafür zur Verfügung?“, Fragen der Haftung, Gewährleistung und Versicherung bis hin zur Akquise finanzieller Mittel mussten erst einmal von ihr geklärt, abgestimmt und dann umgesetzt werden. Es ist ihr ein Herzensanliegen, durch das Vernetzen der Einrichtungen Doppelstrukturen zu vermeiden. Zudem möchte sie die Menschen des Kiezes und verschiedene Bereiche der lokalen Akteur*innen kennenlernen und miteinander in Beziehung bringen, um daraus gemeinsame Projekte entstehen zu lassen.
Dass bei all diesen Erfolgen ihre ursprüngliche soziale Ader zu kurz kommt, sieht sie selbst als Wermutstropfen. Die organisatorischen Aufgaben, verwaltungstechnischen Abrechnungen und viele PC-Arbeit lassen ihr leider nur wenig Raum dafür. „Mich motiviert dann aber immer wieder aufs Neue mein tolles Team, Projekte voranzutreiben.“
Ihr Anliegen ist und bleibt es, den Bedarf der Menschen aus dem Kiez zu kennen und die eigene Arbeit darauf auszurichten, und zwar so gut wie möglich. Sie freut sich dabei über den kleinsten Erfolg bei der Umsetzung von Projektideen, die lange gedauert haben. Allerdings hat sie eines bis heute noch nicht gelernt – auch mal Nein sagen zu können. „Mir geht es noch gut damit. Ich bin mir im Klaren, dass ich auch für mich selbst sorgen und dass mit dem Grenzen setzen noch üben muss.“